- Aussehen – ein wandelndes Kunstwerk der Natur
- Chamäleons: Wunderwerke der Evolution
- Verbreitung – Leben im unwirtlichen Paradies
- Haltung im Terrarium – ein anspruchsvolles, aber lohnendes Hobby
- Das richtige Terrarium
- Temperatur & Luftfeuchte
- Beleuchtung & Heizung
- Einrichtung
- Ernährung
- Verhalten und Sozialstruktur
- Fortpflanzung und Wachstum
- Schutz
- Weiterführende Literatur

Man hat den Eindruck, dass es manche Tiergruppe gibt, die nur dafür existiert um zu zeigen, was die Evolution so kann. Zu einer solchen gehören sicher die Chamäleons. Diese Tiere vereinen in sich ein ganzes Sammelsurium evolutionärer Spezialanpassungen, die vielleicht nur noch vom Schnabeltier bei den Säugetieren übertroffen wird.
Kein Wunder also, dass der Mensch seit jeher von Chamäleons fasziniert ist und den Wunsch hat diese Tiere zu halten und zu beobachten. Lange Jahre dachte man, das Chamäleons nicht oder nur schwer haltbar wären, weil die Tiere oft nicht sehr lange im Terrarium überlebten. Es stimmt schon, dass es einige Arten gibt, die sehr spezielle klimatische Ansprüche stellen, wie beispielsweise einige Hochlandarten. Deren Bedürfnisse sind sehr schwer im Terrarium nachzustellen, jedoch fand man mit der Zeit heraus, dass die Chamäleons generell einen ungewöhnlich schnellen Generationenwechsel haben und nicht so lange Leben, wie viele andere Reptilien.
Durch Zuwachs an Wissen und technischen Innovationen, wie beispielsweise adäquater UV-Beleuchtung, sind viele Chamäleon-Arten heute gut im Terrarium haltbar und werden seit vielen Generationen erfolgreich nachgezüchtet. Eine dieser Arten ist das imposante Jemen-Chamäleon, das wir Ihnen im Zuge unserer Aktion „Tier des Monats“ hier etwas näherbringen möchten.
Aussehen – ein wandelndes Kunstwerk der Natur
Wer ein Jemenchamäleon zum ersten Mal sieht, erkennt sofort, warum diese Art als eine der spektakulärsten ihrer Gattung gilt.
Zum einen ist es ihre Größe. Chamaeleo calyptratus gehört zu den größeren Chamäleon-Arten, denn Männchen können eine Gesamtlänge von über 50 cm erreichen. Weibchen bleiben mit 30-36 cm kleiner. Doch auch die Silhouette ist unverwechselbar: Anmutig, hochbeinig, mit den typischen Greifschwänzen und – besonders markant – dem imposanten Helm auf dem Kopf, der bei adulten Männchen bis zu 8 cm hoch werden kann. Dazu die leuchtenden Farben der Tiere und ihre faszinierende Biologie.
Viele Gründe warum man dieses interessante Tier pflegen möchte.
Chamäleons: Wunderwerke der Evolution

Wir möchten hier nicht all zu tief in die Physik einsteigen, aber eine Sache ist wichtig für das richtige Verständnis. Letztlich beruht das Funktionsprinzip Das Jemenchamäleon ist nicht nur schön anzuschauen, sondern biologisch geradezu spektakulär. Seine Morphologie ist ein Sammelsurium evolutiver Spezialanpassungen, die ihres Gleichen sucht.
Augen: Die Augen eines Chamäleons können sich unabhängig voneinander bewegen. Durch diese kann das Chamäleon insgesamt ein Sehfeld von 342 ° abdecken. D.h. nur genau hinter dem Kopf bleiben 18 ° die dem Chamäleon überhaupt entgehen können.
Schwanz: Die meisten Chamäleons besitzen einen Greifschwanz, darunter auch das Jemen-Chamäleon. Dieser ist wie ein 5 Bein und wird beim Klettern eingesetzt. Das Chamäleon kann im Notfall sogar nur am Greifschanz baumelnd mit den freien Händen nach dem nächsten Ast greifen.
Lediglich einige bodenlebende Chamäleon, wie z.B. Vertreter der Gattungen Brookesia und Rhampholeon haben keinen Greifschwanz.
Füße: Die Füße und Hände der Chamäleons sind zygodaktyl. An den Händen zwei Finger nach außen und drei nach innen gerichtet, während an den Füßen ist es genau andersherum ist. Das bedeutet, ihre Hände und Füße sind wie Greifzangen aufgebaut, die ideal dafür geschaffen sind um kleine Äste zu umgreifen. Die Finger und Zehen sind dabei zusammen gewachsenen und lassen sich nicht mehr spreizen, man nennt das auch Syndaktylie.
Zunge: Die Zunge ist eine weitere spektakuläre Spezialanpassung der Chamäleons. Bei den meisten Arten, so auch beim Jemen-Chamäleon, ist sie etwa anderthalb Mal so lang wie die Kopf-Rumpflänge des Tieres! Den Rekord stellt Rhampholeon spinosus dar, deren Zungenlänge 2,5 Mal der Kopf-Rumpf-Länge des Tieres entspricht! Durch einen Mechanismus, der wie eine gespannte Feder funktioniert wird die Zungen blitzschnell (bis 96 km/h) herausgeschleudert. Die Zungenspitze wird dabei von Muskeln wie ein Saugnapf geformt und die klebrige Oberfläche tut ihr übriges. Damit werden Insekten gezielt und präzise „abgeschossen“ und anschließend zurück ins Maul gezogen.
Farbe: Bis heute hält sich der Glaube, Chamäleons passten sich farblich an ihre Umgebung an. Das so nicht richtig aber die Wahrheit ist noch viel beeindruckender:
Die Farbänderung dient vor allem der Kommunikation, der Thermoregulation und der Stressanzeige. Je nach Temperatur, Stimmung, Revierverhalten oder Sozialkontakt kann das Tier seine Färbung blitzschnell verändern. Diese Wechsel sind wahre Schauspiele – nicht nur hübsch anzusehen, sondern ein komplexes System der Kommunikation.
Trächtige Weibchen beispielsweise nehmen eine spezielle Tracht an, die dem Männchen signalisiert, dass sie nicht mehr paarungsbereit sind. Die Tiere haben tragen dann eine typische dunkelgraue oder anthrazitfarbene Grundfärbung mit gelb, weiß und türkisenen Musterungen.
Chamäleons können nicht beliebig viele Farben generieren, sondern haben nur eine spezielle artspezifische Farbpalette innerhalb deren sie die Farben wechseln können. Bei einem Jemenchamäleon in Ruhe überwiegt eine Grüne Grundfarbe mit gelben Bändern in Kombination mit braunen und weißen Mustern. Dabei sind die Männchen meist intensiver gefärbt als die Weibchen. Sporn: Durch Größe und Ausprägung des Helms lassen sich bereits bei subadulten Exemplaren des Jemenchamäleons die Geschlechter deutlich unterscheiden. Das geht bei einigen Vertretern der Gattung Chamaeleo aber auch schon bei ganz kleinen Tieren. Die Männchen haben nämlich jeweils einen Sporn an der Rückseite ihrer Hinterbeine. Zumindest gilt das für die Mehrheit der Männchen. Wie in der Natur so üblich gibt es auch Ausnahmen.
Verbreitung – Leben im unwirtlichen Paradies

Heimat des Jemenchamäleons ist der Südwesten der Arabische Halbinsel, eng gebunden an das Bergland des Jabal Al Sarawat. Das Gebirge erstreckt sich vom westlichen Jemen in Richtung Nordwesten bis kurz vor Mekka in Saudi-Arabien.
Generell ist die Arabische Halbinsel durch trockenes Wüstenklima geprägt, allerdings sind in stark zerklüftete Felsregionen Feuchtigkeit und Vegetation deutlich höher als in den umliegenden Wüstenzonen. Teilweise fallen in der Region rund um die Provinz Azir (Saudi-Arabien) bis zu 2000 mm Niederschlag jährlich und in den schattigen Tälern halten sich Buschlandschaften, Oasen und Wadis – trocken Flusstäler, die zeitweise Wasser führen. Die Temperaturen schwanken in diesen Regionen stark: Tage können heiß und trocken sein, während die Nächte erheblich abkühlen. Insgesamt sind die Mikroklimate, die die Tiere bevorzugen jedoch etwas feuchter, als der erste Blick auf die Landkarte vermuten lässt. Das gilt auch für die trocknen vegetationsarmen Hochebene Jemens und Saudi-Arabiens, die auch zum Verbreitungsgebiet des Jemenchamäleons zählen.
Mittlerweile wurde die Art auch in anderen warmen Regionen der Erde (z. B. Teilen Floridas und auf Gran Canaria) durch Aussetzungen angesiedelt. Ein Beweis für ihre ökologische Flexibilität.
Haltung im Terrarium – ein anspruchsvolles, aber lohnendes Hobby

Wer mit dem Gedanken spielt sich ein Reptil anzuschaffen, sollte nicht gleich nach einem Chamäleon schauen. Diese Art ist zwar robust, aber keineswegs ein „Anfängertier“. Wer allerdings etwas Erfahrung in der Terraristik erworben hat und in die Haltung von Chamäleons einsteigen will, dem sei das Jemenchamäleon wärmstens ans Herz gelegt.
Das richtige Terrarium
Jemenchamäleons benötigen ein hohes, gut belüftetes Terrarium (mindestens 120 × 80 × 120 cm für ein einzelnes adultes Tier; größer ist immer besser). Ideal ist es, wenn zumindest eine Seite komplett mit Gaze bestückt ist und auch der Deckel eine große Gazefläche hat.
Temperatur & Luftfeuchte
- Allgemeine Terrarientemperatur: 25–30 °C
- Wärmepunkt: ca. 35–40 °C
- Nachtabsenkung: 18–22 °C
Die Temperatur sollte ein Gefälle aufweisen. Bedeutet, oben Richtung Lampe heißer, nach unten hin kälter. Die Äste müssen so angebracht sein, dass das Tier sich aussuchen kann welcher Temperatur es sich aussetzen möchte.
Es ist der Gesundheit der Tiere zuträglich, wenn man im Winter eine 2-monatige Ruhephase einplant, in der die allgemeine Terrarientemperatur am Tage auf 20 ° begrenzt wird und die Beleuchtungsdauer auf 8 – 10 Stunden täglich zurückgefahren wird. Der Spotstrahler für den Sonnenplatz wird in der Phase nur für 2h am Tag in Betrieb genommen
Luftfeuchtigkeit
Die Luftfeuchtigkeit schwankt je nach Tageszeit:
- tagsüber sinkend auf 40–60 %
- morgens und abends höher, etwa 60–80 %
Mehrmaliges Sprühen oder ein Beregnungssystem helfen, das Mikroklima zu erhalten, und bieten dem Chamäleon die Möglichkeit, Tropfen direkt von den Pflanzen zu trinken. Das ist wichtig, weil Chamäleons kein stehendes Wasser aus dem Napf annehmen. Wer möchte dann auch eine Tropftränke verwenden.
Beleuchtung & Heizung
Als Grundbeleuchtung wird man heutzutage am besten auf einen LED-Balken zurückgreifen. Dieser leuchtet das Becken großflächig aus und bieten genug Licht für ein gesundes Pflanzenwachstum.
Damit das Tier gesund bleibt, sind als Ergänzung hochwertige UVB-Lampen unverzichtbar. Chamäleons benötigen UVB für die Vitamin-D3-Synthese und damit für den Kalziumstoffwechsel. Weiterhin gehört UVA-Strahlung für Chamäleons zum sichtbaren Spektrum. In dem Fall empfehlen wir auf jeden Fall eine Bright Sun Lampe. Sie bietet neben optimal dosierter UV-Strahlung, auch Wärme und sehr viel Licht am Sonnenplatz.
Da das Chamäleon-Terrarium große Lüftungsflächen aufweist, kann es sein, dass man mit einer Bright Sun Lampe nicht die gewünschte Temperatur ins Becken bekommt. In dem Fall kann es Sinn machen mit einem zusätzlichen Halogenstrahler noch etwas zusätzliche Strahlungswärme in den oberen Beckenbereich zu bringen.
Alle Leuchten werden möglichst außerhalb des Terrarium angebracht. Das verhindert den direkten Kontakt mit den heißen Lampen. Am einfachsten ist es wenn das Terrarium eine große Gazefläche im Deckel hat. Dann können die Lampen einfach aufgelegt werden.
Sollte es immer noch insbesondere im unteren Bereich des Terrariums noch zu kühl sein (<23 °C), würde sich eine Bodenheizung empfehlen. Die Bodenheizung durchwärmt das Becken von unten nach oben und dient dazu im Bedarfsfall die allgemeine Grundtemperatur im Becken etwas nach oben zu verschieben.
Einrichtung
Die Einrichtung sollte reich an verzweigten Kletterästen und robusten Pflanzens sein. Achten Sie auf ungiftige Bepflanzung. Optimal sind Äste und Zweige mit 1 bis 1,5 cm Durchmesser. Wichtig ist vor allem die Höhenstruktur. Das Chamäleon braucht die Möglichkeit sich je nachdem welche Temperatur es benötigt unterschiedliche Bereiche im Terrarium aufzusuchen. Achten Sie darauf, dass insbesondere die Kletteräste unter dem Sonnenplatz den richtigen Abstand zur UV-Beleuchtung haben. Nur so kann die eine optimale mit UVB-Strahlung erfolgen.
Der Bodengrund ist eher sekundär, da die Tiere kaum auf den Boden herabsteigen. Ein Erde-Sand-Sandgemisch tut gute Dienste. Reines Sand ist ungünstig, da die Gefahr besteht, dass wenn Futtertiere vom Boden aufgenommen werden zu viel Sand mitgefressen wird. Das kann zu üblen Verstopfungen führen.
Ernährung
Das Jemenchamäleon ist überwiegend insectivor und wenig wählerisch. Geeignete Futtertiere sind Heimchen, Grillen, Schaben, Heuschrecken und gelegentlich Wachsmaden oder Zophobas. Die schwarzen Käfer, die sich aus den Zophobas entwickeln werden hingegen in der Regel verschmäht. In der Natur werden selbst Wirbeltiere werden nicht verschmäht.
Da wildlebende Chamäleons oft an Pflanzen knabbern, sollten auch frische, ungiftige Blätter, Gemüse und Früchte angeboten werden – insbesondere für trächtige Weibchen. Daraus ergibt sich auch, dass man darauf achten muss nur ungiftige Pflanzen für die Vegetation im Terrarium zu verwenden.
Das regelmäßige Bestäuben der Futtertiere mit Mineral- und Vitaminpräparaten ist Pflicht, um Mangelerscheinungen vorzubeugen.
Verhalten und Sozialstruktur
Jemen-Chamäleons sind in erster Linie Einzelgänger. Männchen untereinander absolut unverträglich; ein Zusammenhalten im Terrarium würde unweigerlich zum Tod eines der Tiere führen.
Es gibt zwar Berichte, dass die Haltung von einem Männchen zusammen mit mehreren Weibchen in einem Terrarium funktioniert hat, aber die sicherste Methode für alle Beteiligten ist es die Tiere einzeln zu halten. Das entspricht auch am ehesten dem natürlichen Verhalten der Tiere, bei dem sich die Chamäleons wo immer möglich aus dem Weg gehen. In der Natur finden sich die Partner nur in der Paarungszeit zusammen.
Fortpflanzung und Wachstum
Jemenchamäleons sind ovipar, also eierlegend. Nach erfolgreicher Paarung legt das Weibchen nach 20 – 35 Tagen, manchmal auch erst nach Monaten, erstaunlich große Gelege mit bis zu 85 Eier ab. Die Regel sind aber 30 bis 40 Stück. Je nach Inkubationstemperatur schlüpfen die Jungen nach 168 – 220 Tagen. Bei konstanter Bruttemperatur von 30 °C erblicken anscheinend hauptsächlich Männchen das Licht der Welt, bei durchgehend 28 °C ist das Geschlechterverhältnis ausgeglichener, was auf eine Geschlechtsdetermination durch die Bruttemperatur hindeutet.
Schutz
Wie alle Chamäleons, so ist auch das Jemenchamäleon durch das Washingtoner Artenschutzübereinkommen Anhang B geschützt. In Deutschland gilt daher eine Meldepflicht bei den Behörden und in den meisten Bundesländern eine Buchführungsplicht. Wer in der Schweiz ein Jemenchamäleon halten möchte benötigt eine Haltebewilligung, die beim Bundesamt für Veterinärswesen (BVET) beantragt werden kann. Weiterhin muss ein Sachkundenachweis in Terraristik erbracht werden.
Weiterführende Literatur
Schneider, C. (2021): Das Jemenchamäleon: Chamaeleo calyptratus.- Art für Art Reihe, Natur & Tier Verlag, Münster, 64 S.
Esser, S. & Drewes, O. (2015): Das Jemenchamäleon.- VIVARIA Verlag, Meckenheim, 64 S.
Kober, I. & Ochsenbein, A. (2009): Jemenchamäleon und Pantherchamäleon: Pflege Zucht und Lebensweise.- KUS Verlag, Rheinstetten, 150 S.
Schmidt, W. (2010): Chamaeleo calyptratus: Das Jemenchamäleon.- Natur und Tier Verlag, Münster, 96 S.

